Verursachen kranke Zähne Herzinfarkt und Diabetes?
Sitzt der Feind im Mund? Viele Menschen leiden unter Zahnfleischentzündungen. Was schon im Mund unangenehm sein kann, könnte weit dramatischer sein, als bisher angenommen wurde. Gibt es einen Zusammenhang mit Diabetes, Herzinfarkt und vielleicht sogar Alzheimer?
Untersuchungen gehen davon aus, dass jeder zweite Deutsche an Parodontitis leidet. Denn diese bakterielle Entzündung des Zahnbettes (den Zahn umgebendes und stabilisierendes Gewebe und Knochen) beginnt oft schleichend und vom Patienten unbemerkt.
Doch wie kommt es überhaupt zu Entzündungen um den Zahn herum? Immer wenn wir etwas essen bleiben kleine Reste an den Zähnen hängen. Es entsteht ein Belag, an dem sich Bakterien ansiedeln und mit der Zeit vermehren. Wie gut, dass wir ein Immunsystem haben, welches sich um die schädlichen Bakterien kümmert. Doch wenn die schädlichen Bakterien überhandnehmen und die Mundflora aus dem Gleichgewicht kommt, entstehen chronische Entzündungen. In der Folge bilden sich entzündendes Zahnfleisch und Kieferknochen zurück und legen die Zahnhälse frei. Es entstehen Zahnfleischtaschen, in die Bakterien eindringen und sich vermehren können. Bei einer schweren Parodontitis kann sich die Krankheit im ganzen Mundraum ausbreiten. Damit zurecht zu kommen ist eine enorme Aufgabe für unser Immunsystem.
Parodontose und Diabetes?
Doch wie kommen Forscher nun darauf, dass Parodontose mit Diabetes zusammenhängen kann? Die Immunzellen, die mit der Bekämpfung der Entzündung im Mund beschäftigt sind, setzen Botenstoffe frei. Diese so genannte Zytokine können den Blutzuckerspiegel erhöhen, in dem sie den Blutzucker daran hintern, in die Körperzellen zu gelangen. Der Körper muss dann mehr Insulin produzieren, das dafür sorgt, dass der Zucker aus dem Blut transportiert wird. Dies könnte die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse erschöpfen und zur Entstehung von Diabetes beitragen.
Um herauszufinden ob dies wirklich so ist, untersuchten Forscher an einer Universität in Finnland knapp 400 Probanden, die sie in drei Gruppen einteilten. Die Einteilung erfolgte anhand der Tiefe der Zahnfleischtaschen. Denn je größer die Taschen um so mehr Bakterien können sich ansiedeln. Die erste Untersuchung erfolgte Anfang der 1990er Jahre, die zweite 15 Jahre später. Ergebnis: Im Vergleich zu gesunden Probanden war das Diabetesrisiko bei der Gruppe mit bis zu fünf Millimeter tiefen Zahnfleischtaschen um 32 Prozent erhöht. In der Gruppe mit den tiefsten Taschen stieg es sogar um mehr als 50 Prozent.*
Doch kann Parodontose die Ursache für Diabetes sein? Oder gibt es vielleicht sogar Wechselwirkungen? Die Annahme dafür scheint berechtigt. Manche Forscher sprechen sogar schon von einer Parodontitis-Diabetes-Schaukel, also einer wechselseitigen Verstärkung. Denn Diabetes ist häufig mit einer Minderdurchblutung und Wundheilungsstörung verbunden, die wiederum die Parodontose begünstigen. Weitere Studien haben gezeigt, dass Diabetiker ein dreifach erhöhtes Risiko haben an Parodontitis zu erkranken. Darüber hinaus ist der Krankheitsverlauf beschleunigt und Therapien funktionieren nicht so gut, was den schweren Verlauf der Krankheit bei Patienten mit Diabetes erklärt.*
Herzkreislauf-Erkrankungen durch Parodontitis?
Eine Forschergruppe der Universität Seoul in Korea wertete die Daten von 250.000 Probanden aus. Bei diesen kam es ca. 15.000-mal zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall, Herztod oder Herzversagen. Die Forscher zogen aus ihren Untersuchungen den Rückschluss, dass das Risiko für diese Erkrankungen bei Menschen mit Parodontitis um 15% höher ist. Ebenso gehen sie davon aus, dass regelmäßiges Zähneputzen das Infarktrisiko um 9% senkt, eine jährliche professionelle Zahnreinigung sogar um 14%.*
Allerdings: Aus den untersuchten Forschungsdaten lässt sich kein Rückschluss auf den Lebensstil (Ernährung, Alkohol, Drogen etc.) ziehen.
Parodontitis und Alzheimer, Rheuma usw.
Ob Parodontitis auch bei anderen Erkrankungen eine Rolle spielt, wird noch erforscht. Ein Bakterium, welches als Haupterreger für die Entzündung im Zahn-Umfeld gilt, konnte im Gehirn und Rückenmark von Menschen mit Alzheimer und in der Gelenkflüssigkeit von Rheumatikern nachgewiesen werden. Ob es einen Zusammenhang gibt und wie dieser aussieht ist aber noch nicht geklärt.
Was können Menschen präventiv tun
Jede Maßnahme zur Erhaltung der Gesundheit im Mund dient immer auch dem gesamten Körper. Jede Maßnahme zur Erhaltung der Gesundheit des gesamten Körpers schützt vor anderen Krankheiten, die in Wechselwirkung mit Parodontitis stehen oder stehen könnten. Die Stärkung unseres Immunsystems sorgt dafür, dass dieses besser mit schädlichen Bakterien klar kommt und chronische Entzündungen vermieden werden. Es liegt also an uns selbst, wie gut wir uns um unseren Körper kümmern. Prävention mag zwar langweilig klingen, ist aber immer einfacher und günstiger als die Behandlung der Erkrankungen.
Tipps zur Prävention:
(zusammen gestellt von dental future, Dentallabor aus dem Raum Wiesbaden – Frankfurt)
- 2x täglich Zähneputzen ist die absolut notwendige Basis (auch wenn es langweilig klingt)
- Gesunde Menschen sollten mindestens 1x jährlich eine professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis durchführen lassen. Je nach Zustand der Zähne kann auch eine halbjährliche oder quartalsweise Zahnreinigung nötig sein. In unseren Zahnarztempfehlungen finden Sie passende Zahnärzte aus dem Großraum Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und Bergstraße.
- Verwenden Sie einmal wöchentlich ein fluorhaltiges Gel zur intensiven Reinigung und Mineralisierung der Zähne. Dieses wird auch am Ende der professionellen Zahnreinigung verwendet, kann aber auch einmal wöchentlich im Privatgebrauch verwendet werden.
- Achten Sie beim Reinigen der Zahn-Zwischenräume mit Zahnseide und/oder Interdentalbürsten darauf, dass sie das Zahnfleisch nicht verletzten.
- Ernähren Sie sich ausgewogen und gesund und achten Sie auf eine gesunde Lebensweise
- Sorgen Sie für ausreichende Versorgung mit Vitalstoffen und stärken Sie Ihr Immunsystem
Welche Zahnärzte erkennen den Zusammenhang zwischen Paradontose und anderen Erkrankungen
Immer mehr Zahnärzte erweitern Ihren Horizont und beziehen den gesamten Körper mit ein. Einige Zahnärzte haben sich auf eine ganzheitliche Medizin konzentriert. In der Liste der von dental future empfohlenen Zahnärzte finden Sie z.B. das Zahnärztlichen Naturheilzentrum von Andrea Jagdt aus Gau-Odernheim bei Mainz. Sie hat sich auf eine ganzheitliche Parodontitis-Behandlung spezialisiert.
*Quellen:
- Journal of Clinical Periodontology, Myllymäki et al., 2018, zitiert auf zeit.de
- European Heart Journal: Shin-Young Park et al.,2018, zitiert auf zeit.de
- Studien zitiert in „Parodontitis und Diabetes“ – Eine Information für Zahnärzte der Bundeszahnärztekammer (BZÄK)
- springermedizin.de: Weltdiabetestag 2018 - Die Parodontitis-Diabetes-Schaukel